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Gleich und doch verschieden: wie sich nahverwandte Bakterien unterscheiden

Gleich und doch verschieden: wie sich nahverwandte Bakterien unterscheiden 29. Januar 2025 Kolonien von Pseudomonas aeruginosa-Bakterien auf einer Agarplatte ausgestrichen. Foto: © Dr. Antonia Habich Einzelne Pseudomonas-aeruginosa-Bakterien unterscheiden sich in ihrem Typ-VI-Sekretionssystem: Die Studienergebnisse geben Einblick in die Evolution nahverwandter Bakterien und könnten neue Ansätze Diagnose und Behandlung von Infektionen liefern. Egal wo Bakterien leben, konkurrieren sie ständig mit anderen Bakterien um Platz und Nährstoffe – und das nicht immer friedlich. Eine Möglichkeit, mit der Bakterien sich einen Vorteil über andere Bakterien verschaffen können, ist mithilfe des Typ VI Sekretionssystems (T6SS). Das T6SS funktioniert ähnlich wie ein Bogen. Dr. Luke Allsopp, einer der Mitautoren der aktuellen Studien, erklärt: „Bakterien können das T6SS nutzen, um Proteine aus der bakteriellen Zelle zu schießen, ähnlich wie ein Bogen Pfeile abfeuert.” Diese sogenannten Effektorproteine kann man sich wie Giftpfeile vorstellen. Sie haben verschiede Funktionen und können zum Beispiel benachbarte Bakterien umbringen, eukaryotische Zelle manipulieren oder Nährstoffe aufnehmen. „Das T6SS ist also eine Art Superkraft für Bakterien. Es ermöglicht ihnen andere Bakterien zu bekämpfen und ihre Umgebung zu verändern“, ergänzt Dr. Daniel Unterweger, korrespondierender Autor der Publikation. Wie sich krankmachende Bakterien in ihrem T6SS unterscheiden ist noch nicht ganz verstanden. Luke Allsopp und Luca Robinson (l.), die beiden Autoren vom National Heart and Lung Institute am Imperial College London. Foto: © Harriet Ellis  Forschende der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie in Plön (MPI-EB) und des National Heart and Lung Institute am Imperial College London haben nun herausgefunden, dass sich krankmachende Pseudomonas aeruginosa-Bakterien in der DNA ihrer T6SS-Effektoren massiv unterscheiden. In ihrer Studie, die gerade im Fachjournal „Nature Communications“ erschienen ist, haben die Forschenden die DNA von circa 2000 verschiedenen P. aeruginosa-Bakterien verglichen und analysiert, welche der T6SS Effektoren in welchen Bakterien zu finden sind. Mithilfe dieses populationsgenetischen Ansatzes haben sie herausgefunden, dass manche T6SS-Effektoren in allen P. aeruginosa-Bakterien vorkommen und andere Effektoren hingegen nicht. „Dieser Unterschied in der Verbreitung der Effektorproteine war für uns zunächst überraschend“, so Dr. Antonia Habich, Erstautorin der Publikation und Wissenschaftlerin in der BMBF-finanzierten Arbeitsgruppe Infektionsbiologie von Unterweger an CAU und MPI-EB, und fügt hinzu „Letztendlich konnten wir dies aber erklären. So sind zum Beispiel Effektoren für die Nähstoffaufnahme bei allen Stämmen vorhanden und Effektoren zum gegenseitigen Wettkampf mit Bakterien unterscheiden sich.“ An der Studie waren an der Kieler Universität und am Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie Antonia Habich, Daniel Unterweger und Verónica Chaves Vargas beteiligt (v. l.) Foto: © Ekaterina Ovchinnikova Die Forschenden sind auch der Frage nachgegangen, wie es überhaupt zu so einer großen Diversität innerhalb der Spezies kommen konnte. Dazu haben sie weitere bioinformatische Analysen durchgeführt und Hinweise dafür gefunden, dass P. aeruginosa-Bakterien die Gene für diese Effektoren untereinander weitergeben können. Dieser horizontale Gentransfer ist bei Bakterien weit verbreitet und vor allem dadurch bekannt, dass Gene für Antibiotikaresistenzen darüber auch verbreitet werden können. Für die Forschenden sind die Erkenntnisse des horizontalen Gentransfers von Effektorgenen vor allem aus evolutionärer Sicht spannend, da es Einblicke in die Entstehung von Diversität innerhalb einer Spezies gibt. „Wir Menschen bekommen Merkmale wie Augenfarbe oder Körpergröße von unseren Eltern vererbt. Dies nennt man vertikalen Gentransfer. Bakterien können jedoch auch DNA von anderen Bakterien bekommen. Das ist horizontaler Gentransfer und kann dazu führen, dass Bakterien sich in einer bestimmten Umgebung besser behaupten können“, erläutert Luca Robinson, Mitautor der Studie. P. aeruginosa löst unter anderem Infektionen offener Wunden, der Harnwege oder der Atemwege aus. Jährlich sterben weltweit circa 600.000 Menschen an einer Infektion mit diesem Bakterium. Antibiotikaresistenzen erschweren das Behandeln von P. aeruginosa-Infektionen. Die Weltgesundheitsorganisation stuft Forschung und Entwicklung von neuen Behandlungsansätzen gegen P. aeruginosa-Infektionen als hohe Priorität ein. Die Publikation trägt mit ihren neuen Erkenntnissen über die Diversität von Genen des T6SS in P. aeruginosa-Bakterien zu diesen Bemühungen bei. Sie ermöglicht uns ein besseres Verständnis von pathogenen Bakterien und den Faktoren, die sie in ihrer Umgebung nutzen. Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Teilen: e-Mail Drucken Facebook Twitter LinkedIn Quellen Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, 28.01.2025Habich A et al. Distribution of the four type VI secretion systems in Pseudomonas aeruginosa and classification of their core and accessory effectors. Nature Communications 2025. Schlagwörter• Pseudomonas aeruginose • Sekretionssystem • Evolution • Grundlagenforschung

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